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Progetto documentario sui giardini comunitari a Milano e Berlino, foto 13, Planum n.28 1/2014

Binationales Filmprojekt untersucht Gemeinschaftsgärten in Mailand und Berlin

Inge Pett, Guido Larcher

Ausgehend vom Giardino degli Aromi, dem größten Mailänder Gemeinschaftsgartens, zieht das Filmteam von Paola Longo, Salvatore Laforgia (Mailand) und Guido Larcher (Treviso) einen Vergleich zwischen den Gemeinschaftsgärten in Berlin und Mailand, unterstützt von der in Berlin lebenden Journalisten Inge Pett. Die Studie zeigt sowohl die formalen und strukturellen Aspekte der Gärten als auch die Beziehung der Bürger zur jeweiligen Stadtverwaltung - und umgekehrt. Gerade am Umgang mit den städtischen Grünflächen seitens der Bürger lässt sich ablesen, ob die Unterschiede rein administrativer oder vielleicht doch tiefsitzender kultureller Natur sind.
Brachflächen existieren in jeder Metropole und dies oft über Jahrzehnte. Je nach Lage beflügeln sie die Phantasie von Investoren und Projektentwicklern. Je nach Zustand bereiten sie Stadtplanern Kopfzerbrechen und sind Anwohnern ein Ärgernis. Diese Areale mögen ungenutzt sein, doch sind sie deshalb nicht nutzlos für die Stadt und ihre Bewohner. Eine gemeinschaftliche, gärtnerische Bewirtschaftung durch die Bürger kann die Brachen regenerieren und als Ort sozialer Interaktion für die Stadt zurückgewinnen.
Vor allem ein Trend fiel dem Team dabei ins Auge: Oft wurden „leere” Stadtplätze „besetzt“ und zum Garten deklariert. Dort, wo nicht direkt in die Erde gepflanzt werden durfte, behalfen sich die „grünen“ Pioniere – genehmigt von der Stadtverwaltung - mit „mobilen“ Beeten, d. h.sie nutzten transportierbare Kisten.



GEMEINSCHAFTSGÄRTEN IN MAILAND


• Der Giardino degli Aromi sei nicht nur ein Gemeinschaftsgarten, sondern zudem ein grünes soziales Labor inmitten einer urbanen Umgebung, betont die Agronomin Sara Costello, Präsidentin des Vereins Giardino degli Aromi. 
Und tatsächlich nutzen hunderte von Anwohnern verschiedener Sozial- und Altersstufen den großflächigen Garten auf dem Gebiet der ehemaligen psychiatrischen Anstalt „Paolo Pini“ in Litta-Modignani im Stadtviertel Affori. Darüber hinaus wächst hier auch städtische Gemeinschaft, ein System der Gleichberechtigung und der sozialen Integration. Mit dem Gelände waren und bleiben menschliche Schicksale verbunden: Ehemalige Psychiatriepatienten kehren seit der Schließung des Krankenhauses dorthin zurück. Psychiatrische Einrichtungen aus dem gesamten Stadtgebiet schicken ihre Patienten hierher. Sie erhoffen sich eine weitere soziale Integration an der Seite von Erziehern und Gärtnern.
Der Typus des Gemeinschaftsgartens hat in Mailand erheblich dazu beigetragen, eine nachhaltige Grün-Kultur zu entwickeln. Gleichzeitig hat der Giardino degli Aromi eine Diskussion darüber entfacht, was es bedeutet, Umwelt- und soziale Aktivitäten miteinander zu verbinden, indem man sich mit den Zyklen der Natur auseinandersetzt und gleichberechtigte Beziehungen zwischen den Menschen entwickelt. Vor allem aber hat der ehemals abgeschiedene Ort seine Pforten nun für alle Bürger geöffnet. Gärtnern sei außerordentlich wichtig, um das seelische Gleichgewicht wiederzuerlangen, denn: „Wer zu einer Pflanze gut ist, ist auch gut zu sich selbst“, so das Credo der Initiatoren.
Dank einer starken Bürgerinitiative hat die Stadt Mailand einen Antrag gestellt, um das gesamte Areal des Paolo Pinis unter Denkmal- und Landschaftsschutz zu stellen, zu dem auch die Agrarschule „Pareto“ und ein Wald, umgangssprachlich „PoP“ genannt, gehören.

• Ein gutes Beispiel für die Organisation von unten ist der Gemeinschaftsgarten Isola Pepe Verde in einem der historischen Arbeiterviertel Mailands, das heute im starken Wandel begriffen ist. Im Juni 2010 hat eine Gruppe von Anwohnern, die sich nach mehr Grün und Menschlichkeit sehnte, in einem zubetonierten Viertel eine abgezäunte brachliegende Fläche für sich entdeckt. Auf dem teils mit Gras bewachsenen, teils asphaltierten Grundstück, das der Kommune gehört, entstand ein Gemeinschaftsgarten. Innerhalb kürzester Zeit hat die Gruppe hat den Verein „Pepe Verde“ gegründet. Nach Verhandlungen mit der Stadtverwaltung hat diese die „Graswurzel-Initiative“ im Frühjahr 2013 offiziell anerkannt.
Heute ist die Isola Pepe Verde ein Beispiel für einen Gemeinschaftsgarten, der offen ist für alle: mit Bäumen, Bänken, Obst und in Kisten angebautem Gemüse, einem Künstleratelier und einem separaten Raum für Kinder.



• Die Gärten von Cascina Albana wiederum entstanden auf der Grundlage des Sanierungsprojektes einer Fläche im Stadtviertel Bovisa, die jahrelang brach lag. Das Projekt beruht auf der Initiative von etwa dreißig Gärtnern, die sich an die Stadt Mailand gewandt hatten, um dort einen für das gesamte Stadtviertel zugänglichen Gemeinschaftsgarten zu gründen. Die Stadt Mailand hat daraufhin 30 Beete von je 50 qm sowie eine 500qm-Fläche für den Gemeinschaftsgarten zur Verfügung gestellt – die Basis für einen zukünftigen Stadtpark. Die Neuheit besteht darin, dass die Beete an ein Kollektiv vergeben werden. Voraussetzung für die Vergabe und Verwaltung des Geländes ist die Gründung eines wirtschaftlich unabhängigen Vereins.

Offensichtlich zeichnet sich in Mailand mit der neuen Regierung unter Bürgermeister Giuliano Pisapia und mit der für das urbane Grün zuständigen Stadträtin Chiara Bisconti ein Paradigmenwechsel ab. Die jüngst entwickelte Strategie für ein grünes Mailand beruht auf der Einführung neuer Richtlinien. Zu diesem Zweck hat die Stadtverwaltung im November 2013 ein 10-Punkte-Dokument verabschiedet. Künftig soll jede Art von Grünfläche eine Bereicherung für das kollektive Wohl der Bürger und für die ästhetische Qualität der Stadt darstellen.
So setzt auch die amtierende Mailänder Stadtverwaltung zunehmend auf die Partizipation der Bürger, um Grünflächen zu schaffen, zu kultivieren und zu erhalten. Ein Beispiel für die Mitverantwortung und Zusammenarbeit zwischen der Stadt und den Mailändern ist der „grünen Tisch“, der Tavolo del Verde, an dem diverse Interessengruppen über die ökologische Zukunft der Stadt verhandeln – erstmals auf Augenhöhe. Dieser setzt sich zusammen aus Bürgern und Experten.



GEMEINSCHAFTSGÄRTEN IN BERLIN 

In Berlin sind die Voraussetzungen gänzlich anderer Natur. Zwischen 1961 und 1989 hatte die Mauer die Stadt geteilt bzw. West-Berlin zu einer „Insel im roten Meer“ gemacht. Nach der Wiedervereinigung stand daher viel Niemandsland im ehemaligen Grenzbereich zur Verfügung. Trotz des zunehmenden Verwertungsdrucks werden diese Flächen von den Berlinern grundsätzlich als erhaltenswert betrachtet. Zudem hat die Stadt immer schon als Labor funktioniert, in dem unterschiedliche Gesellschaftsgruppen sozial kreativ experimentieren und sich für alternative Lebensräume engagieren.
Das bezieht sich insbesondere auch auf den Umgang mit dem städtischen Grün. Sei es durch die Bürger (z. B. Guerilla Gardening, Nachbarschaftsinitiativen, Urban Gardening oder traditionelle Schrebergärten), durch junge Unternehmen (Urban Farming, Private Gardens u.a.), durch Institutionen (Schulgärten, therapeutische Gärten, Waldschule u.a. ) sowie durch die Stadtverwaltung, die stadtplanerische Instrumente systematisch einsetzt und dabei eine Politik der Bürgerbeteiligung verfolgt.

• Der Kreuzberger Prinzessinnengarten etwa befindet sich auf einer bis 2008 freien umzäunten Fläche, zentral gelegen im Bezirk Kreuzberg „SO36“, einem quirligen Brennpunkt von großer kultureller, religiöser, politischer und sozialer Diversität.
Marco Clausen, Betreiber des Prinzessinengartens, berichtet, wie der Garten dank der Zusammenarbeit von 150 Freiwilligen aus der Nachbarschaft entstand. Aufgrund einer Zeitungsanzeige, die zur Säuberung der Fläche an einem Sonntag im August einlud, hatten diese sich prompt gemeldet. Das Prinzip: “Do it yourself - Do it together”. So könne man auch mit sehr wenig Kapital ganz besondere Orte erschaffen, erklärt Clausen. Und dadurch vermittelt der Ort eine Atmosphäre, die sich mit Geld und Professionalität nicht erreichen lässt. Heute findet man im Prinzessinengarten - neben dem kollektiven Gemüsegarten - Ateliers, eine Bibliothek, ein kleines Theater, kleine Forschungslabors für alternativen Pflanzenanbau, ein Gartencafé und eine Imkerei.

• Im Jahre 2010 entstand das Allmende Kontor auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Berlin-Tempelhof. Anwohner unterschiedlicher kultureller und sozialer Herkunft bauen hier Pflanzen an –in erdbefüllten Holzbehältern oder wiederverwendeten Möbelstücken. Am Rande des Tempelhofer Feldes entwickelte sich so ein großes soziales, kulturelles sowie künstlerisches Freilandlabor.
Zwar sei das Kontor in Absprache mit der stadteigenen Grün Berlin GmbH von vornherein als Zwischennutzung geplant, berichtet die Initiatorin Frauke Hehls. Die Gärtner sollen später eine neue Fläche erhalten, wo ist noch ungewiss. Doch die grüne Aktivistin ist skeptisch: „Entscheidend ist aus meiner Sicht ein alternativer Ort in fußläufiger Nähe, denn hierher kommen vorwiegend Menschen aus der direkten Nachbarschaft.“ Der Masterplan „Tempelhofer Freiheit“ der Grün-GmbH plant u. a. neue Wohnanlagen an den Parkrändern, wobei die Erhaltung eines Großteils des Tempelhofer Feldes vorgesehen ist.

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• Ein Gemeinschaftsgarten anderer Art ist der Interkulturelle Garten Rosenduft im Kreuzberger Park am Gleisdreieck. Der Garten ist das Ergebnis einer Initiative des Kulturvereins Südosteuropa in Berlin. Mit dem Beginn des Krieges im ehemaligen Jugoslawien wurde der Verein, eigentlich gegründet für den interkulturellen Austausch zwischen Deutschland und Südosteuropa, unter andrem zu einem Zentrum für Flüchtlinge aus dem Balkankrieg. Dank der Zusammenarbeit mit der Grün AG, die das Gleisdreieck verwaltet, wurde dem Garten Rosenduft eine Konzession von der Stadtverwaltung erteilt, um sich innerhalb des Parks niederzulassen. Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien haben hier die Möglichkeit, durch die therapeutische Kraft des Gärtnerns, neben der Gruppentherapie im Verein, ihre Kriegstraumata zu verarbeiten. „Wenn ich hierher komme, verschwinden meine Kopfschmerzen und ich vergesse meine Probleme“, erklärt eine aus Bosnien stammende Gärtnerin. Die Frauen ernten, kochen und essen hier gemeinsam und schätzen den Garten als „Zufluchtsort“.

• Außergewöhnlich ist auch der Bürgergarten Moabit, der von dem Verein BürSte e. V. betrieben wird. Mandy Adam, Stadtplanerin im Bereich Mitte, lud drei Landschaftsbüros ein, Vorschläge für das Areal am Westhafen zu machen: „Die Pläne wurden mit den Bürgern diskutiert, überarbeitet, wieder diskutiert. Dann hat eine Jury entschieden und wir haben wieder mit den Bürgern diskutiert.“ Deren Partizipation sei für die Verwaltung außerordentlich wichtig gewesen.
Auch haben sich die Planer an Kindergartenkinder gewandt und diese aufgefordert, ihre Wünsche für den neuen Spielplatz aufzuzeichnen. Die Zeichnungen dienten dann tatsächlich als Inspiration. Heute setzt sich der Gemeinschaftspark von Moabit zusammen aus den Gemeinschaftsgärten, dem Güterbahnhof, der in ein Kulturzentrum umgewandelt wurde, einem Spielplatz, dessen Geräte aus Schienen etc. hergestellt wurden, und einer Liegewiese.

Regenerierungsprojekte wie das Allmende Kontor oder der Prinzessinnengarten waren hingegen anfangs nicht von oben geplant, sondern entwickelten sich spontan von unten. Sie entstanden als Ausdruck einer „self-made city“, die ihre eigenen Regeln bildet. Diese Impulse aus bestimmten Milieus oder „Kiezen“ sind dann in die politische Planung eingeflossen, sozusagen „offiziell“ geworden. So sind Zwischennutzungen von Grundstücken, deren Bebauung nicht absehbar ist, ein in Berlin ausgeprägtes Phänomen. In Berlin ist „Grün“ nicht nur eine ökologische, sondern zudem eine soziale und politische Kategorie.



Offensichtlich ist in beiden Ländern die Stärke der lokalen Projekte ihre Dezentralität und die Arbeit mit lokalen Ressourcen. Das schließt eine globale Vernetzung und Kooperation keineswegs aus. Im Gegenteil: Die Projekte können den lokalen Gegebenheiten angepasst werden. All das zeigt der Film nicht nur anhand von Projektbeschreibungen und Experten-Statements, sondern – und dies vor allem - anhand von menschlichen Erfahrungen, Lebensphilosophien und Begegnungen.
Der Film ist in Produktion und wird im Sommer 2014 fertiggestellt sein. Genau dann, wenn im Hinblick auf die Expo 2015 die Frage des städtischen Grüns in den Fokus des öffentlichen Interesses rücken wird.


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